Ich drücke mir die Nase platt. Ich drücke mir die Nase platt auf dem Asphalt. Ich liege hier auf dem Asphalt, dabei bin ich gar kein Asphaltschmuser, kein Bordsteinküsser. Dort drüben liegt auch einer, er sieht mich nicht, sein Kopf ist weggedreht. Ich kann kaum mit einem Auge sehn, das andere liegt direkt am Boden, wohl genau auf einem Asphaltsteinchen, das am Auge steckt, es drückt dort sehr. Es ist garnicht schlimm, dass ich hier liege, einfach mal nur rumliegen, das macht man viel zu selten, ohne über etwas nachzudenken, an nichts denken, nichts tun, ganz entspannt, einfach nur liegen. Der Boden ist nicht hart, ich spüre ihn kaum, schönstes Wetter, die Sonne scheint, der Boden ist nicht kalt. Ganz entspannt. Warum ich hier liege, weiß ich nicht, einfach mal so, nur mal so rumliegen, da drüben liegt ja noch einer. Hinter mir höre ich Stimmen, ich seh sie nicht, aber Leute stehen hinter mir. Ich sehe ihre Schatten vor der Sonne. Einer beugt sich zu mir runter, nur ganz kurz, wir machen das schon, sagt er, ist gut, denk ich, ist gut, ist ganz ja entspannt. Er steht jetzt wieder hinter mir, auch eine Frauenstimme ist zu hören, ganz ruhig sprechen sie, sind so entspannt wie ich. Ein leises Rollen, ein Klappern höre ich, ein Gestell auf Rädern schiebt sich neben mich, eine Trage neben mir, die lassen zu mir herunter ich brauch mich nur noch draufzurollen. Ich soll wohl nicht mehr hier so rumliegen, aber es ist ganz angenehm hier, ich könnt hier noch eine Weile liegen, sie haben ja recht. Das Liegen hat mich ganz träge gemacht, ich mag mich garnicht auf die Trage legen, vielleicht machen die es ja für mich, dann können sie auch gleich das Asphaltsteinchen von meinem Auge nehmen, das da so drückt. Die Jungs machen das schon. Die Jungs dort hinten vor der Sonne. Sie hieven mich auf die Trage, es geht ganz einfach, ich spüre sie garnicht, die Trage ist weich wie Watte, wie eben noch der Boden, ich bin halt hart im Nehmen. Aber sie drehen mich nicht um. Vielleicht wegen der Gefahr des verklemmten Halswirbels, der Rücken, das Rückenmark und so, das kann übel enden. Sie gehen wohl auf Nummer sicher, sie könnens ja nicht wissen, ich lieg hier doch nur rum, ist nicht schlimm. Auch keine Seitenlage, obwohl, die macht man ja nur bei Bewusstlosen, wegen dem Zungenverschlucken und dem Atmen oder dem Kotzen. Ich bin ja nicht bewusstlos, und kotzen muss ich auch nicht, ich lieg immer noch so wie vorher, ist nicht schlimm. Nur das Steinchen drückt. Ich sehe an die Decke des Krankenwagens. Habe ich garnicht bemerkt, ist nicht lang her, wir fahren noch. Ich liege jetzt auf dem Rücken, sie haben mich umgedreht, aber das Asphaltsteinchen haben sie mir nicht vom Auge weggemacht, vielleicht gilt das schon als operativer Eingriff. Der Fahrer rast wie ein Kaputter. Alles wackelt, nur ich liege ganz ruhig. Bei mir ist alles ruhig. Neben mir sitzt die Sanitäterin, ich seh sie nicht, ich spüre sie nur. Meinen Kopf kann ich nicht drehen, sie haben mir wohl eine Halskrause verpasst. Ich schließe die Augen. Die Sirene heult. Tatütata, tatü. Meine Freundin kommt mich besuchen, zusammen mit meinen Eltern. Sie kommt durch die Tür und dreht sich um und geht. Sie hat wohl was vergessen. Als sie später wiederkommt, ist ihr Gesicht ganz verquollen. Ich wollte danach fragen, aber ich sage nichts. Sie kommt zu mir ans Bett, und auf die Wange gibt sie mir ganz zärtlich einen Kuss, ganz zart, dass ich ihn kaum spüre. Vielleicht küsst du mich mal richtig!, einen dicken Schmatz, einen richtigen Kuss und bitte auf die Lippen! Aber ich sage nichts, ich will sie nicht bedrängen. Sie nimmt meine Hand in ihre, und auch die spüre ich nicht, mein Arm ist wohl eingeschlafen. Das Krankenhaus macht mich träge. Mein Vati steht am Fenster und starrt durch die riesigen Scheiben. Meine Mutti sitzt auf der anderen Seite des Bettes. Ich seh sie kaum. Sie haben mir zwar das Asphaltsteinchen vom Auge genommen, es drückt nicht mehr, aber mein Auge ist wohl noch geschwollen. Ich weiß ja, wie Mutti aussieht. Die Sicht ist sowieso ein wenig versperrt. Wegen des Apparats, aus dem ich trinken kann. Direkt vor meinem Gesicht. Dabei bin ich nicht einmal Privatpatient. Aber vielleicht ist das jetzt so Standard im Krankenhaus. Brauche mich garnicht zu bewegen, das Krankenhaus macht mich so träge. Ich weiß garnicht wie ich auf die Toilette gehen soll, bei soviel Trägheit, aber ich merke, dass ich erst einmal nicht muss.